Modell des Grazer Rathauses Unbekannt, o. J.
Ein Amtshaus ohne Anmaßung
Dieses klassizistische Rathaus, der Vorgängerbau des heutigen Gebäudes, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts nach den Plänen des Grazer Architekten Christoph Stadler errichtet. Es hatte den Charakter eines Stadtpalais und galt als eines der schönsten und städtebaulich angemessensten Gebäude der Inneren Stadt. Das erste Rathausgebäude, die sogenannte „Alte Kanzlei“, war um 1450 in der Judengasse errichtet worden, als die bürgerliche Selbstverwaltung auf ihrem Höhepunkt war. Das erste Rathaus am Hauptplatz entstand im 16. Jahrhundert als schlichter Zweckbau im Renaissancestil.
Holz, Spanplatte, Lack
122,5 × 28,5 cm
Graz Museum/ Foto: Edin Prnjavorac
Der Renaissance-Bau
Um 1550 wurde ein neues Grazer Rathaus im Renaissance-Stil errichtet – als erstes von drei Gebäuden an der Stelle des heutigen Rathauses am Hauptplatz. Es hatte eine Loggia, einen Dachreiter mit Laterne und seit dem frühen 17. Jahrhundert auch eine Rathausuhr. An den schlichten Bau war im Erdgeschoß ein Arkadengang für den Handel angeschlossen. Hinter den kleinen Fenstern des dritten Stockes war das Gefängnis untergebracht. Anfang des 19. Jahrhunderts wich es dem klassizistischen, wesentlich größeren Neubau.
Eine neue Symbolik
Das klassizistische Rathaus existierte nur 80 Jahre, bevor es erweitert und vollständig umgestaltet wurde und dabei seine architektonische Charakteristik verlor. Nach den Plänen der Architekten Alexander Wielemans und Theodor Reuter wurde die Fassade neu gestaltet und das Gebäude mit einer Kuppel versehen. In seiner altdeutschen Formensprache war das neue historistische Rathaus (wie auch das neue Operngebäude) ein deutliches Zeichen, dass sich Graz als die „deutscheste Stadt der Monarchie“ verstand.
Das heutige Rathaus
Wesentliche Änderungen erfuhr das Äußere des Rathauses 1957 durch die Abtragung der zahlreichen Fassadenskulpturen, deren Verbleib – bis auf zwei Sandsteinfiguren des Künstlers Hans Brandstetter sowie eine Sandsteinbüste von Karl Lacher – unbekannt ist. In den 1960er Jahren wurde das Gebäude großzügig saniert. Eine Volksbefragung machte den Wunsch der Bevölkerung deutlich, die Gestaltung in altdeutschem Stil beizubehalten und das Gebäude nicht auf seine ursprüngliche klassizistische Form rückzuführen. In den Jahren 1999/2000 wurde das Rathaus erneut saniert, einige Fassadenfiguren wurden rekonstruiert.