Die Feinde Deutschlands und seiner Verbündeten Leo Frobenius u. Hugo v. Freytag-Loringhoven (Hg.), 1917
Die Produktion von Feind-Bildern
1917 erschien das von Kaiser Wilhelm II. beauftragte Mappenwerk „Die Feinde Deutschlands und seiner Verbündeten“. Die Mittelmächte Österreich-Ungarn, Deutsches Reich, Osmanisches Reich und Bulgarien versammelten darin Künstlergrafiken und Textbeschreibungen ihrer Kriegsgegner. Die Soldaten wurden als Typen dargestellt, die sowohl Feindschaft als auch die fremde Volkszugehörigkeit veranschaulichen sollten. Dass es sich bei den Porträtierten um Kriegsgefangene handelte, wurde verschwiegen. Zu den beauftragten Künstlern gehörte auch der Grazer Wilhelm Thöny.
Papier, gebunden, Verlagsanstalt Hermann Klemm, Berlin-Grunewald
30 × 40 cm
Graz Museum / Foto: Arno Friebes
Wilhelm Thöny als Regimentsmaler im Ersten Weltkrieg
Wilhelm Thöny (1888–1949) war maßgeblich am Einzug der modernen Kunst in Graz beteiligt. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs fasste er gerade als junger Künstler in München Fuß. 1915 meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger auf Kriegsdauer beim k. u. k. Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 3 in Graz, seiner Heimatstadt. Die Ernennung zum offiziellen Kriegsmaler gelang ihm nicht, dennoch konnte er in großem Umfang als Regimentsmaler arbeiten. In der Formensprache der Kriegspropaganda schuf er das Soldatenleben verherrlichende Postkartenmotive, Porträts hoher Offiziere sowie einige großformatige Kampfszenen. Bereits zu Beginn seiner Tätigkeit als Maler im Ersten Weltkrieg erhielt Thöny 1915 den hoch angesehenen Auftrag, am Mappenwerk „Die Feinde Deutschlands und seiner Verbündeten“ mitzuwirken.
Die Feinde Deutschlands und seiner Verbündeten
Wilhelm Thöny schuf sieben Bildvorlagen für „Die Feinde Deutschlands und seiner Verbündeten“: „Italienische Bersaglieri“, „Italienische Alpenjäger“, „Albaner“, „Serben Infanterie“, „Serbische Zigeuner“, „Rumänen“ und „Grieche“. Für diese Einzel- bzw. Gruppenporträts arbeitete er in Kriegsgefangenenlagern, wo er sich die Porträtierten aussuchen bzw. Fotos anfertigen lassen konnte. Das propagandistische Werk diente der Kriegslegitimation und sollte die Stärke der deutschen Soldaten als eine geschlossene Einheit untermalen. Die Gegner im Krieg wurden bereits rein optisch als heterogene, fremdartige Typen dargestellt. Auch Thönys Porträts des „Feindes“ weisen verhärmte, bösartige Blicke auf. Als Gegenstück zu diesem Mappenwerk erschien „Die Wehrmacht Deutschlands und seiner Verbündeten“.
Der stählerne Mann
Das Porträt des Oberst Heinrich von Tenner entspricht dem Stereotyp „Eiserner Männlichkeit“. Diese sollte mentale wie physische Unantastbarkeit signalisieren und das Ideal des unerschütterlichen und unverwundbaren Kriegsherrn verkörpern. Als militärische Führungspersönlichkeit war er Vorbild und Repräsentant des Regiments. Das Gemälde entstand 1917 an der italienischen Front am Monte Zebio in der Kampfstellung des k. u. k. Schützen-Regiments Nr. 3. Detailliert sind Uniform und Abzeichen wiedergegeben, Gegenstände und Hintergrund wurden bewusst inszeniert, um Rang und Aufgabenbereich des Porträtierten zu demonstrieren.