Am Rücken tragen die Soldaten einen Tornister, am Gürtel Bajonett, Patronentasche und einen Brotsack. Ein Mann hatte bis zu 60 Kilogramm Gepäck zu tragen.

Die Soldaten befinden sich in Kampf-Adjustierung mit Mantel und Kappe. Der Stahlhelm wurde bei der österreichisch-ungarischen Armee erst 1916 eingeführt.

Die Soldaten wurden zum Abschied mit Blumen geschmückt. Diese stehen für das „Augusterlebnis“ der Kriegseuphorie, die aus heutiger Sicht ebenso propagandistisch wie kurzlebig war. Schon Ende 1914 gab es mehr als 1 Million tote, verletzte, vermisste oder in Kriegsgefangenschaft befindliche österreichisch-ungarische Soldaten.

Auszug von Soldaten des Grazer Hausregiments (Nr. 27) Franz Köck, um 1918

Mit Begeisterung in den Ersten Weltkrieg?

Freudetaumelnde Menschenmassen beim Auszug der Soldaten im Sommer 1914 dominieren unsere Vorstellung vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis heute. Franz Köck vermittelt in seinem Gemälde dieses Klischee nur bedingt. Auf subtilere Weise stellt er stolze Freude, aber auch das Pathos des Abschieds dar. Während die jungen Soldaten den Blickkontakt mit den Betrachter*innen mit auffordernder Zuversicht suchen, rufen die abgewandten, düsteren Blicke der älteren Männer Mitgefühl hervor.

Öl auf Leinwand
Rahmen: 81 × 171 cm
Graz Museum / Foto: Edin Prnjavorac

Kriegspropaganda

Der Abschied ausrückender Soldaten als positiv dargestelltes Ereignis war während des Ersten Weltkriegs als Motiv sehr verbreitet und fand sich auch auf zahlreichen Propagandapostkarten. Solche Darstellungen von jubelndem Patriotismus dienten der Rechtfertigung der Kriegserklärung. Franz Köck verstärkt dies durch die Betonung der Straßenbeflaggung. Die im Gleichschritt fortschreitende Soldaten-Gruppe vermittelt den Eindruck von Stärke.

Das Motiv des Auszugs der Soldaten eignete sich auch dazu, Geschlechterstereotype zu verfestigen: Die sich sorgende Ehefrau und Mutter, die zuhause bleibt, wird dem tapferen, starken Soldaten gegenübergestellt, der fortzieht, um dieses Zuhause zu verteidigen.

Objektgeschichte

Franz Köck schuf einen ganzen Zyklus mit Szenen aus dem Soldatenleben im Ersten Weltkrieg – diese Bilder fanden als besonders stimmungsvolle Werke positive Erwähnung in der damaligen Presse. Die Gemälde dienten der Dekoration des Kriegswaisenkinos, das im März 1918 als Vorläufer des Ringkinos am Joanneumring eröffnet wurde. Der Reinerlös diente der Unterstützung von Kriegswaisen. Auch fanden an diesem Ort Kinderausspeisungen statt.

Vorstudien zu Franz Köcks Zyklus befinden sich in der Sammlung der Neuen Galerie Graz am Universalmuseum Joanneum. Köck hat hier für das Motiv des „Auszugs von Soldaten“ acht Monate vor Ende des Kriegs eine noch größere, unbeschwertere Jubelstimmung gewählt als auf dem ausgeführten Gemälde und auch die Rolle der Kinder als Figuren im Bild noch stärker betont.

Der Künstler: Franz Köck

Franz Köck (geboren 1886 in Graz, gestorben 1975 in Graz) hatte vor seiner künstlerischen Ausbildung an der Landeskunstschule als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst absolviert. Im Ersten Weltkrieg wurde er Oberleutnant der Reserve. Nach dem Krieg war Köck als freischaffender Künstler in Graz tätig und schuf den Zyklus für das Kriegswaisenkino, eines seiner ersten großen Auftragsarbeiten. Neben kriegspropagandistischen Arbeiten im Ersten Weltkrieg schuf Köck Landschaftsbilder und religiöse Darstellungen in traditioneller, dem Stimmungsimpressionismus verpflichteter Malweise. In der Zeit des Nationalsozialismus arbeitete er an programmatischen, das Regime verherrlichenden Motiven. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wandte er sich verstärkt religiösen Motiven zu.

Entwurf für das Kriegswaisenhaus – Auszug, Franz Köck, um 1918, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum

© Foto: UMJ

Auszug ins Feld, Norbertine Bresslern-Roth, o. J., GrazMuseum

© GrazMuseum