Ohne Titel Christian Eisenberger, 2002/03
Sichtbare Armut
Anfang Mai 2011 trat in Graz ein generelles Bettelverbot in Kraft. Bettelgegner/-innen argumentierten mit der Gefährdung wirtschaftlicher und touristischer Interessen. Solidarische Bürger*innen hingegen pochten auf den Status als Stadt der Menschenrechte. Der Künstler Christian Eisenberger thematisierte über Jahre hinweg mit seinen unzähligen zunächst anonym im öffentlichen Raum platzierten Pappkartonfiguren dessen Vereinnahmung. 2013 hob der Verfassungsgerichtshof das Verbot auf: „Ein Bettelverbot ohne Ausnahme […] widerspricht der Menschenrechtskonvention.“
Pappkarton, bemalt
84 × 89 cm
Leihgeber: Sammlung Martin Behr, Graz
Martin Behr / Foto: Edin Prnjavorac
Kunst im öffentlichen Raum
Christian Eisenberger (*1978) stellte ab 1997, zunächst anonym, tausende bemalte Pappfiguren im öffentlichen Raum auf, darunter auch in Graz. Abseits des traditionellen Systems Kunst zielt(e) er mit diesem und anderen Projekten auf die direkte Konfrontation von Menschen mit Kunst. Das Arbeiten in Serien und mit billigen Materialien ist charakteristisch für Eisenberger. Beim Thema „Betteln“ verweist das Material Karton auf eine zusätzliche Bedeutungsebene: Als Kunstwerke erhalten bereits entsorgte Pappkartons eine neue Funktion – dasselbe passiert, wenn Karton von Obdachlosen oder Bettler*innen als Unterlage oder Unterstand umfunktioniert wird. Eisenbergers Pappfiguren waren von temporärem Charakter, da sie regelmäßig von der Straßenreinigung entfernt oder von privaten Sammlern entwendet wurden.